Dienstag, 21. Oktober 2014

Über Neid, Hass und das Leben

In der nächsten Zeit verstanden mein Freund und ich uns nicht mehr so gut. Wir entfernten uns immer weiter voneinander, obwohl wir im gleichen Bett schliefen.
Nach dem Valentinstag, vielleicht zwei Wochen später Anfang März trennten wir uns und er traf sich direkt mit einer neuen.
Ich war enttäuscht und konnte nicht verstehen was er an ihr fand.
Okay, ja sie war dünner als ich, aber da würde ich ja auch noch hinkommen.
Ich konnte mich aber wenigstens wieder komplett auf mich und mein Abnehmen konzentrieren.

In der Phase ernährte ich mich sogar so, wie ich es von Anfang an hätte machen sollen.
Ich aß zum Frühstück eine Scheibe Schwarzbrot mit Aufstrich, zwischendurch einen Apfel, zum Mittag gab es Reis mit Gemüse und Fisch, danach einen Salat. Abends nochmal eine Scheibe Schwarzbrot.
In der Zeit hatte ich keine Heißhungerattacken, meine Stimmung war gut und ich fühlte mich schön, obwohl ich was aß.

Mein Hauptproblem war in der Zeit was anderes.
Meine beste Freundin war zu Besuch und wog sich. Sie hatte 10 Kilo weniger drauf als ich und das machte mich traurig. Ich wollte so aussehen wie sie. Sie war schön dünn, hatte eine wunderschöne Figur und ich war neidisch.

Das zweite Problem was ich hatte war mein Ex-Freund. Ich hatte in der Zeit nämlich noch was mit ihm obwohl wir getrennt waren und das ging mir ziemlich an die Substanz.
Für Sex war ich gut genug aber für andere Sachen nicht mehr?
Das war für mich nicht nachvollziehbar.
Diese Stimmung schaukelte sich hoch bis zu dem Tag vor dem Geburtstag meiner Oma.

Am 22.3.2014 traf ich mich mit meiner besten Freundin, weil wir feiern wollten.
Wir gingen gemeinsam zu mir nach Hause, fingen an zu trinken.
Mein Ex-Freund lud gleichzeitig seinen besten Freund ein und die beiden tranken auch.
Irgendwann gingen wir dann zu denen ins Zimmer um miteinander vorzuglühen, doch es kam schnell zu einer Auseinandersetzung zwischen mir uns meinem Ex-Freund.
Es ging soweit, dass ich raus lief und mich versteckte, weil ich meine Ruhe brauchte.
Meine beste Freundin rief mich an und schrieb mir, weil sie sich Sorgen machte und ich sagte ihr, dass ich mit meinem Ex-Freund reden will. Draussen und alleine nur mit ihm.
Ein paar Minuten später saßen wir zu zweit in einem Hinterhof in der Nähe unserer Wohnung und sprachen.
Das Einzige, was ich von dem Gespräch noch weiß ist, dass er mir sagte, dass er die ganze Beziehung über ein Arschloch gewesen sei, es bloß gut hätte überspielen können. Daraufhin habe ich ihm zwei Ohrfeigen gegeben und bin heulend an meiner besten Freundin uns seinem besten Freund vorbei in die Wohnung gelaufen.
Meine beste Freundin kam mir hinterher und wollte mich trösten, ich wollte jedoch nur alleine sein und schrie sie an, sie solle gehen.
Wir kamen so ins streiten, dass ich eine Flasche nach ihr warf, sie knapp verfehlte, wir uns schlugen und ich sie am Ende am Hals packte und gegen die Wand drückte. Davon weiß ich allerdings auch nicht mehr viel. Vlielleicht habe ich es verdrängt.
Sie befreite sich auf jeden Fall und kündigte mir die Freundschaft. Sie lief raus.

In dem Moment fühlte ich mich allein. Mein Ex-Freund war ein Arschloch und ich hatte meine beste Freundin verloren. Ich war sauer auf mich und mein Verhalten, also griff ich nach meinen Rasierklingen, die ich jahrelang gebunkert hatte, nahm meine Zigaretten und mein Handy und setzte mich in die Dusche.
Ich machte Musik an - 'Last Resort' von Papa Roach - und schnitt mir die Arme entlang. Erst kurze, oberflächliche Schnitte, aber dann immer tiefer und tiefer, in der Hoffnung einfach zu sterben.
Ja ich wollte sterben! Ich hatte alle verloren, war ganz allein und hatte Menschen wehgetan, die mir viel bedeuteten.

Mein Ex-Freund kam irgendwann rein, als ich genüßlich eine Zigarette rauchte und darauf wartete, dass mein Leben ein Ende nahm.
Er schrie meine beste Freundin und seinen besten Freund an, sie sollen einen Krankenwagen rufen und versuchte mir zu helfen, doch ich ließ ihn nicht. Er war immerhin ein Arschloch, so wie er es mir selbst gesagt hatte.
Sein bester Freund kam ihm zur Hilfe und von ihm ließ ich mir helfen.
Das was mir immernoch im Kopf geblieben ist, ist der Satz "Ich habe dein Blut an meinen Händen.. und in meinem Gesicht!", den er mir mit Tränen in den Augen entgegen schrie.
In dem Moment tat es mit Leid für ihn und für meine beste Freundin.
Meinem Ex-Freund gönnte ich diesen Anblick. Er sollte wissen was er mir angetan hatte.
Ich für meinen Teil hatte mich in diesem Moment aufs Sterben gefreut.

Was ich sonst noch weiß ist, dass ich ins Krankenhaus kam, völlig besoffen genäht wurde und daraufhin ins Asklepios Klinikum Rissen kam.

Auf eine offene psychatrische Akutstation.
Und das an dem Geburtstag meiner Oma, dem 23.3.2014....



















Die Kilos der Weihnachtszeit

Nachdem er mich seinem besten Freund vorgestellt hatte, lief es eigentlich ganz gut zwischen uns.
Ich war fast vollständig mit meiner Bulimie beschäftigt und versuchte damit die überflüssigen Kalorien loszuwerden, die ich die ganze Weihnachtszeit über in mich hineinschaufelte.
An Sylvester war ich bei meinen Eltern und fraß mich regelrecht voll. Aber nur, weil ich wusste, dass ich an dem Abend noch tanzen gehen und somit die Kalorien wieder los werden würde.
Ich ging zu meiner besten Freundin und trank mit ihr vor.
Kurz vor Mitternacht fuhren wir los zu den Landungsbrücken um uns dort mit meinem Freund, seiner besten Freundin und seinem besten Freund zu treffen und uns gemeinsam das Feuerwerk anzusehen.
Es war wunderbar.
Aber naja.. auf jeden Fall war es so, dass ich am Ende mit der besten Freundin meines Freundes in einem Club am tanzen war. Die ganze Nacht lang. Ich tanzte so heftig wie ich konnte um mich zu bewegen und die Pfunde wieder loszuwerden.
Auf dem Rückweg nach Hause schmiss ich meine Perücke weg und regte mich darüber auf, dass mein Freund mich nur mit Perücke oder Mütze attraktiv fand, jetzt wo ich so viel abgenommen hatte. Ich konnte es nicht verstehen..

Im neuen Jahr war ich wieder auf 84 Kilo, da ich viel über die Weihnachtszeit gegessen hatte.
Ich fing wieder an Glaubersalz zu nehmen und versuchte so wenig wie möglich zu essen, damit ich die Kilos schnell wieder runter hatte.
Bis Ende Januar war ich wieder auf 76 Kilo, ich traf meinen Vater, der stolz auf mich war und überrascht weil ich so viel abgenommen hatte. Wir hatten uns ein Jahr lang nicht gesehen. Ich passte sogar in eine Jacke von seiner neuen Freundin. Ich fand mich sehr schön, weil ich wieder da war, wo ich vom Gewicht her sein wollte..
Die Knochen waren wieder so, wie ich sie in Erinnerung hatte, sie fühlten sich schön an, rein und ja wie soll man sagen, einfach wundervoll.




Freitag, 3. Oktober 2014

Haare ab..

Ich freute mich jeden Tag mehr über die Knochen, die ich endlich sehen konnte, die endlich leicht herauskamen, immerhin kannte ich die nicht. Ich war mein ganzes Leben lang übergewichtig gewesen und es war so schön endlich dünner zu sein. Endlich so nah am Normalgewicht und an der Perfektion.

Ich fühlte die Knochen, sie beruhigten mich. Immerhin war das der Beweis, dass ich etwas gut konnte: Abnehmen. Mehrmals am Tag fühlte ich ob meine Schulterknochen noch da waren, ob ich meine Rippen noch fühlen konnte. Wenn ich sie fühlte, musste ich lächeln.
Wenn mich jemand gefragt hätte, was ich am schönsten an mir finde, dann hatte ich geantwortet „mein Schlüsselbein“.
Endlich bekam ich mehr Taille, meine Hüfte war schmaler geworden. Meine Brüste leider auch, aber das war kein großes Problem.
Immerhin hatte ich die Kontrolle über mein Gewicht, über mein Essen und selbst über die Fressanfälle und das Übergeben.

Am Ende des Jahres, kurz vor Weihnachten hatte war ich auf 78 Kilo angelangt. Ich hatte also schon 40 Kilo abgenommen. Und das in einem halben Jahr.  Eigentlich Wahnsinn!
Mein bester Freund machte sich Sorgen, das merkte ich. Aber er musste sich doch nicht sorgen, immerhin hatte ich die Kontrolle über alles.
"Ich kann sofort damit aufhören, ich will nur nicht!" und "Wenn ich auf 65 Kilo bin höre ich auf, das verspreche ich dir!", waren Sätze, die er sich immer wieder anhören musste.
Er war misstrauisch, doch ich schaffte es immer wieder ihn zu überzeugen, dass ich alles im Griff habe.
Ich musste ihm dennoch versprechen, dass er mich zwangseinweisen dürfte, wenn ich unter die 65 Kilo kommen würde. Wie ich fand echt übertrieben. Immerhin wollte ich auf 55-60 kg runter.
Aber das würde er eh nicht merken. Immerhin war er beim morgendlichen Wiegen nicht dabei. Ich konnte ihn also anlügen, was mein Gewicht anging. Ich hatte es auch fest vor..

Mein Freund fand mich attraktiver denn je, jetzt wo ich abgenommen hatte, und war stolz darauf eine so disziplinierte und schlanke Freundin zu haben.
Ich muss dazu sagen, ich hatte mir im November die Haare abrasiert auf 3mm. Er fand es schrecklich, aber ich fühlte mich befreit. Ich fand mich irgendwie schön mit der neuen Frisur.
Ich hatte noch eine Perücke, die ich mir mal bestellt hatte und da ich meinem Freund eine Freude machen wollte setzte ich sie auf.
Er fand mich damit sehr hübsch. „Die wolltest du öfter tragen!“, meinte er.
Wenn ich die Perücke mal nicht auf hatte, trug ich eine Mütze, damit er mich schön fand. Er sagte mir, dass ich sonst wie ein Junge aussehen würde und wenn ich eine Mütze trug konnte er sich wenigstens noch vorstellen, dass ich darunter Haare hatte. Solche Aussagen verletzten mich, aber ich trug nun von morgens bis abends meine Mütze um ihm zu gefallen. Langsam gewöhnte ich mich daran und fühlte mich ohne Mütze auch nicht mehr wohl.
Nun stellte er mich seinem besten Freund vor, aber nur mit Mütze.


Nachdem ich mir die Haare abrasiert hatte, auf 78 Kilo.

Sonntag, 28. September 2014

Geplante Fressanfälle

Ich hatte die ungefähre Kalorienmenge und die Nährwertangaben meiner favorisierten Lebensmittel schon im Kopf gespeichert. Für neue Lebensmittel, oder für die wo ich mir nicht ganz sicher war, hatte ich mir schon eine App runtergeladen, damit ich auch immer nachschauen konnte was wie viele Kalorien, was wie viel Fett, Eiweiß oder Kohlenhydrate hatte. Ich versuchte am Tag so wenig zu essen, dass ich es mit meinem Gewissen vereinbaren und somit drin behalten konnte, teilweise habe ich gar nichts gegessen, einfach um mich nicht schlecht zu fühlen. Außerdem war es schon langsam wie eine Sucht geworden meinen Magen so leer wie möglich zu halten, einfach weil es sich rein und sauber anfühlte. Je weniger ich gegessen hatte, je leerer mein Magen war, desto besser fühlte ich mich.
Wenn ich einkaufen ging, las ich mir die Nährwertangaben der Lebensmittel vor Ort doch noch mal durch, damit ich mich auch ja nicht irrte und entschied dann, ob ich es kaufe oder es lasse.

Ich fing an meine Fressanfälle zu planen, damit ich nur noch 1-2 Mal die Woche erbrechen musste. Immerhin funktionierte das mit dem Erbrechen ja nicht mehr so gut, wie am Anfang. Vielleicht würde das Reduzieren ja dabei helfen, dass es wieder besser ging und ich nicht mehr so lange fürs Erbrechen brauchte.

Für diese Fressanfälle kaufte ich extra alles ein, was ich mir die anderen Tage der Woche selbst verboten hatte:
Nachkram, wie Schokolade, Weingummi, Kekse;
Salzige Sachen, wie Chips, Salzstangen, Knabberkram;
Und auch so einfache Sachen wie Brot, Reis, Nudeln, Wurst und Käse holte ich in Massen für diese, für mich wundervollen Stunden.
Zuhause angekommen fing ich an mir Nudeln zu kochen, aß währenddessen mehrere Scheiben Brot mit Käse und Wurst. Schnell hintereinander weg, ohne viel zu kauen. Einfach nur reinstopfen, damit man mit den anderen Sachen weitermachen konnte.
Ich aß die Nudeln, oder schlang sie eher in mich hinein. Ich öffnete die Chipstüte und schaufelte einen Chip nach dem anderen in meinen Mund, der mir manchmal wie ein schwarzes Loch vorkam.
Zwischendurch trank ich Mineralwasser zum verdünnen, damit beim Erbrechen alles besser flutschte. Als letztes stopfte ich mir noch ein paar Tafeln Schokolade rein ohne sie wirklich zu schmecken.
Ab und zu hatte ich dann immer noch Hunger und ich ging an den gemeinsamen Kühlschrank der WG und stopfte die ungesunden Sachen meiner Mitbewohner auch noch in mich hinein. Teilweise hielt ich mir eine Dose Sprühsahne an den Mund und sprühte mir die Sahne direkt in den Hals hinein, um auch noch den letzten Platz in meinem Magen zu füllen.
Im Sitzen war das alles noch ziemlich gut auszuhalten, doch sobald ich aufstand drückte mein Magen wie verrückt, mein Bauch wölbte sich nicht nur, es war ein regelrechter Schwangerschaftsbauch, den ich mir da in der kurzen Zeit angefressen hatte. Ich stellte mich vor den Spiegel und bewunderte den riesigen Bauch und war erstaunt darüber, wie viel Essen doch in mich hinein passte.
'Gleich habe ich wieder einen flacheren Bauch, mein Magen ist gleich wieder leer und ich werde weiter abnehmen.', sagte ich mir und ging stolz zu meinen Mitbewohnern, meinem Freund und meinem besten Freund und zeigte ihnen meinen Bauch mit den Worten: "Schaut mal wie schnell ich schwanger geworden bin!"
Ich witzelte mit ihnen noch ein wenig rum und sagte ihnen dann dass ich nun ins Bad gehen und kotzen würde. Sie nickten und ich trat meinen Gang ins Bad an.

Solche Fressanfälle dauerten bei mir höchstens eine Stunde. Dann ging ich mich übergeben und ich redete mir ein sicher sein zu können, dass ich am nächsten Tag nicht zugenommen haben würde.

Am nächsten Tag zeigte die Waage meistens 100g-500g mehr an, was mich verzweifeln ließ.
Ich fühlte mich betrogen, war wütend auf mich selbst wegen dem Fressanfall am Tag zuvor und schämte mich. 
Der Spiegel zeigte mir an solchen Tagen ein verzerrtes Bild meiner Selbst. Er zeigte mir meine Problemzonen, kleine Polster, die noch weg mussten. Ich fand mich widerlich. Ich wollte aussehen wie die Frauen auf den Bildern. Die Rippen sollte man zählen können, die Wirbelsäule musste zu sehen sein, die Beckenknochen sollten herrausstechen.

Ich war jedoch noch so weit davon entfernt..

Über 'Thinspiration' und Vergleiche

In jeder freien Minute saß ich am Handy und schaute mir Blogs von "Pro-Ana"-Anhängern an. Ich sog die auf den Seiten beschriebenen Tipps und Tricks für leichteres Erbrechen und besseres Verheimlichen, die zahlreichen Diäten und die Motivationssprüche regelrecht in mich auf. Ich wollte mehr wissen, alles wissen.
Ich wollte wissen, wie ich das Kotzen vor meiner Familie und meinen Freunden weiterhin geheim halten konnte, sodass sie mein kleines Geheimnis niemals herausfinden würden.
Ich wollte wissen, ob es anderen auch so ging, dass es mit dem Kotzen auf einmal nicht mehr so gut klappte, wie am Anfang, oder ob das nur ein Problem von mir war.
Ich wollte bessere Wege, schnellere Wege zum Abnehmen wissen, suchte nach Möglichkeiten meinen Stoffwechsel anzukurbeln, meinen Körper fit zu halten.
Ich wollte mehr Sprüche lesen, die auf mich zu trafen, die mich bei meinem Weg unterstützen und mir Kraft und Mut geben würden.
Ich schaute mir Fotos von Frauen an, von ihren für mich perfekten Körpern, ihrer elfenhaften Erscheinung, ihrer wunderschönen hervorstehenden Knochen. Ich konnte nicht genug davon kriegen, fing an mir mehr und mehr Bilder herunterzuladen in der Hoffnung selber irgendwann so wunderschön auszusehen, wie die Frauen, die mir ihre scheinbar perfekten Körper offenbarten.


Ich verglich mich mit den Frauen auf den Bildern und fragte mich, warum ich noch nicht so aussah. Ich war das genaue Gegenteil von ihnen. Ich war fett, hässlich, ekelhaft. Ich hatte noch nicht einmal annähernd so einen Körper wie die.
Ich musste schneller abnehmen, koste es was es wolle!

Wenn ich unterwegs war, sah ich mir jede Frau genau an, die mir auf der Straße entgegenkam. Ich suchte nach Fehlern, ihren Problemzonen, um mir sagen zu können, dass ich stärker in meinem Willen war als sie, dass ich mehr Kontrolle über mein Essverhalten und meine Problemzonen hatte.

Bei Frauen, die dicker waren als ich musste ich mir das Lachen verkneifen.
'Was für eine fette Kuh! Komm geh nach Hause und stopf dir noch ne Pizza rein, auf dass du unglücklich und alleine stirbst.', dachte ich.
Ich war froh dünner zu sein als sie, heilfroh selbst nicht so auszusehen und bestärkt darin meinen Weg weiterhin so zielstrebig zu verfolgen.
Ich sah jedoch auch viele Frauen, die schöner waren als ich, vor allem viel viel dünner. Ich suchte und suchte nach kleinen Speckröllchen, zu breiten Oberschenkeln, einem hässlichen Gesicht, doch ich fand nichts. Sie waren einfach nur wunderschön.
In diesen Momenten hasste ich mich selbst am meisten. Immerhin war ich schon Monate dabei abzunehmen und war immer noch so fett und hässlich wie vorher. Nur eben mit 30 Kilos weniger als vorher. Aber was waren schon die paar Kilos? Ich hatte noch nichts geschafft. Ich würde niemals so schön aussehen, wie die Frauen auf der Straße, geschweige denn wie die auf den Bildern in meinem Handy. Das was ich fühlte war purer Neid, weil ich auch so aussehen wollte und blanker Hass mir selbst gegenüber, weil ich meiner Meinung nach zu nichts fähig war.

Meistens kam es genau nach solchen Momenten zu Fressanfällen..

Samstag, 27. September 2014

Über Routine und ein paar Schwierigkeiten

Als ich anfing Glaubersalz als Abführmittel zu benutzen, hatte ich schon 30 Kilo abgenommen, war also auf knapp 88 Kilo.
Es war Anfang November und meine WG hatte sich schon daran gewöhnt, dass ich inzwischen mehrmals am Tag das Bad blockierte, um mich zu übergeben. Ich musste mich nicht mehr rechtfertigen, warum ich so lange im Bad war, das Einzige was ich sagen musste war „Ich bin dann mal im Bad.“, und schon wussten mein Freund und mein bester Freund Bescheid und stellten keine Fragen mehr.

Es war alles schon Routine geworden. Ich ging ins gekachelte Badezimmer, schloss die Tür ab, griff mein Handtuch und legte es als Polsterung vor die Toilette. Ich drehte den Wasserhahn auf, damit er die Geräusche übertönte, die ich beim übergeben machte und wählte mir ein passendes Lied von meinem Handy aus, damit es ein bisschen gemütlicher für mich war. Meistens war es ‚Courage‘ von Superchick. Ich kniete mich vor den Toilettensitz, nahm meine Zahnbürste in die Hand und führte sie mit dem Stiel zuerst in meinen Mund ein. Ich strich kurz über meinen Bauch, der vom Essen leicht gewölbt war und wusste, dass diese unangenehme Wölbung und das drückende Gefühl im Magen gleich verschwunden sein würden. Ich würde mich erleichtert fühlen, darüber dass die Kalorien, die ich zuvor in mich hinein geschlungen hatte, sich morgen auf der Waage nicht bemerkbar machen würden. Ich bewegte die Zahnbürste leicht nach rechts und links und begann leicht zu würgen, ein weiteres Mal nach rechts und links bewegt und der erste Schwall des Essens glitt meine Speiseröhre hinauf, glitt durch meinen Mund und platschte in die Toilette hinein. Das laute Platschen wurde von der Musik und dem laufenden Wasserhahn übertönt. Ich strich über meinen Bauch und merkte das die Wölbung kleiner war als vorher. Ein paar Mal noch kam ein leicht bitter schmeckender Brei meine Speiseröhre hoch und platschte in die Toilette vor mir.
Am Ende schnupfte ich mich aus, wischte die Toilette ab, betätigte die Spülung, klappte den Toilettendeckel zu, wusch die Zahnbürste ab, meine Hände und mein Gesicht, schaute in den Spiegel vor mir und lächelte.

Irgendwann funktionierte es jedoch nicht mehr so gut mit der Zahnbürste. Es dauerte immer länger teilweise eine Stunde bis mein Magen leer war, da der Würgreflex nach den vergangenen Monaten fast nicht mehr vorhanden war. Ich probierte die verschiedensten Positionen aus um mich besser übergeben zu können, ich trank mehr Mineralwasser, damit es besser und druckvoller rauskam. Doch irgendwann funktionierte auch das nicht mehr. Ich musste mir etwas Neues einfallen lassen.
Ich versuchte so gut es ging durchzuhalten und wenig zu essen, versuchte keine Fressanfälle mehr zu haben, damit meine Speiseröhre sich regenerieren konnte und hoffte, dass auch mein Würgreflex zurückkehren würde. Ich übergab mich nun anstatt mehrmals am Tag ‚nur noch‘ zweimal die Woche, was mir sehr schwer fiel.

Meine Familie und meine Freunde hatten bis dahin immer noch nicht mitbekommen, dass ich mich übergab um mein Gewicht weiter zu reduzieren. Wenn ich zu Besuch bei jemandem war, aß ich wenig bis gar nichts, in Restaurants wenn überhaupt nur Salat um so viele Kalorien wie es geht einzusparen. Komischerweise ist niemand auf die Idee gekommen dass irgendetwas nicht stimmen könnte.

Über einen festen Freund und Glaubersalz

Nach 1 1/2 Monaten besuchte ich die WG, in der ich vorher gewohnt hatte. Ich wollte eigentlich nur kurz die Post abholen und ein bisschen schnacken. Ich klingelte, begrüßte meinen besten Freund und sein Kumpel kam aus dem Zimmer raus, was mal meins gewesen war. Er war nun dort eingezogen.
Ich wollte schon seit ein paar Monaten was von ihm, doch hatte er in mir nie mehr gesehen als eine Freundin, mit der man Sachen ausprobieren konnte. Er hätte mich aber niemals mit meinem Gewicht als feste Freundin gewollt, was er mir in späteren Gesprächen auch bestätigte.
Auf jeden Fall war er sprachlos, als er mich mit 20 Kilo weniger auf den Rippen sah. Er war verblüfft und ich konnte sehen, dass er doch nicht mehr so abgeneigt von mir war, wie früher.
Nach ein paar weiteren Besuchen zog ich wieder in die WG ein und kam nach langen hin und her mit dem Typen zusammen. Ich fragte ihn, wie es kam, dass er sich auf einmal für mich interessierte und er gab mir die Antwort, die ich schon erwartet hatte. "Du siehst viel besser aus, jetzt wo du abgenommen hast. Und immerhin willst du ja noch weiter abnehmen. Das finde ich gut. Ein bisschen weniger würde dir echt noch stehen." Ich wurde in meinem Glauben an meine Ess-Brech-Strategie bestärkt, immerhin konnte ich so weiterhin Kilos verlieren. Ich fühlte mich endlich begehrt und hatte erreicht was ich wollte. Ich war mit einem Typen zusammen, und das weil ich endlich, nach so vielen Jahren, die Kontrolle über mein Aussehen und mein Gewicht hatte.
Da es nach kurzer Zeit schwierig wurde, die langen Badaufenthalte zu rechtfertigen und zu begründen beschloss ich mit offenen Karten zu spielen. Immerhin hatte ich ja die Kontrolle und das würde ja noch bewiesen werden, durch meine Ehrlichkeit. Außerdem würde es dadurch leichter werden mich zu übergeben. Ich hatte ja meine Ruhe, weil die beiden ja Bescheid wissen würden.
Und so erzählte ich den beiden davon, wie ich in so kurzer Zeit so viel abgenommen hatte.
Die Reaktionen darauf waren geteilt. Mein bester Freund machte sich Sorgen und sagte, dass ihm nicht wohl dabei sei. Ich redete auf ihn ein. "Ich hab das unter Kontrolle.", "Ich will nur auf mein Wunschgewicht, dann höre ich auf.", "Ich mach das ja nicht so oft, dass es mir schlecht geht.", "Wenn ich merke, dass mein Körper das nicht mehr mitmacht, dann höre ich auf, das verspreche ich dir!". Er misstraute mir zwar noch ein bisschen, sagte dass er darauf achten würde und ließ mich dann in Ruhe.
Mein Freund hingegen war zwar überrascht meinte aber, ich solle damit weitermachen, immerhin würde es ja funktionieren und ich würde ja weiter abnehmen. Er hatte ja gehört, dass ich die Kontrolle hatte, also war das Thema für ihn beendet.
Er fand es toll, dass ich abnahm, fand mich mit der Zeit immer attraktiver. Er sagte mir öfters er wolle mit mir angeben können vor seinen Freunden, und dadurch wurde ich in meinem Gedanken bestärkt mit dem kotzen weiterzumachen. Es war irgendwann so weit, dass er mich sogar daran erinnerte mich zu übergeben, wenn ich zu viel gegessen hatte, damit ich ja nicht wieder zunahm..

Ich stellte mich jeden morgen nach dem Aufstehen mit leerem Magen auf die Waage.
Wenn ich es nicht konnte weil ich woanders übernachtet hatte, hatte ich Panik, denn ich wusste nicht ob ich zugenommen oder abgenommen hatte. Ich war sauer und wütend darüber. Immerhin hätte ich doch daran denken müssen, dass ich mich jeden Morgen wiegen musste. Warum also hatte ich bei jemanden übernachtet und dann morgens auch noch was getrunken? Ich musste also warten bis ich mich am nächsten Morgen auf die Waage stellen konnte, natürlich mit leerem Magen. Das waren die schlimmsten Stunden, es war pure Angst zugenommen zu haben und es nicht zu wissen. An den Tagen aß ich meist nur Gemüse oder Obst und davon möglichst wenig, um das was ich vermeintlich vielleicht zugenommen hatte bis zum nächsten Tag wieder auszugleichen.
Die Waage war mein bester Freund und mein schlimmster Feind zugleich.
Wenn sie weniger anzeigte als am Vortag, fühlte ich mich schön, ich war stolz auf die paar hundert Gramm weniger.
Wenn sie mehr anzeigte fühlte ich mich hässlich und fett.
Ich fand mich regelrecht widerlich und war wütend auf mich selbst, weil ich es einfach nicht geschafft hatte weiter abzunehmen.
Wenn ich was gegessen hatte, was für mich als ungesund galt, steckte ich mir sofort die Zahnbürste in den Hals und kotzte den gesamten Mageninhalt, bis auf die letzte Faser wieder aus, sodass mein Magen sich wieder schön leer anfühlte.
Mein Spiegelbild zeigte mir jeden Tag etwas anderes. Mal fand ich mich zu dick, mal fand ich mich schön, doch ich war nie wirklich zufrieden. Ich wollte mehr abnehmen, immer mehr und das schnell.
Ich hatte mal gelesen, dass man mit Glaubersalz den Darm reinigen konnte und ging zur Apotheke, wo ich mir eine Dose holte. Zuhause mischte ich 2 Eßlöffel des Salzes mit 250 ml Wasser. Ich trank das widerlich bitter schmeckende Gemisch in einem Zug aus und wartete. Nach nicht einmal 30 min spürte ich einen Druck und rannte auf die Toilette. Als nach einer Stunde endlich alles draußen war schaute ich mich im Spiegel an, strich mir über meinen Bauch und war für einen kleinen Augenblick glücklich.

Ausreden und Gedanken

Durch einen Streit zog ich aus der WG aus und kam bei einem Freund unter. Dadurch dass ich nun alleine wohnte, weil mein Kumpel unter der Woche weg war, konnte ich mich nun komplett auf mein Essen und mein Abnehmen konzentrieren. Ich war alleine und keiner würde irgendetwas mitkriegen. Ich konnte meine Taktik noch besser verstecken als vorher, dadurch dass keiner da war.
Ich stellte mich jeden Tag auf die Waage und aß am Tag nur das nötigste, heißt eine Scheibe Brot oder eine Suppe, damit die Waage am nächsten Tag am besten ein paar hundert Gramm weniger anzeigte. Ich war überglücklich, sobald ich leichter war. Ich fühlte mich von Tag zu Tag schöner, leichter, begehrenswerter. Dadurch dass ich meine Abnehm-Erfolge regelmäßig bei Facebook postete, schrieben auch mehr Jungs mit mir und ich bekam Komplimente.
Auch mein Spiegel war in der Zeit zu meinem besten Freund geworden. Immerhin zeigte er mir jeden Tag eine dünnere und hübschere Version meiner Selbst.
Wenn ich mal richtig Hunger bekam, schob ich mir eine Pizza in den Ofen und aß Tafel für Tafel Schokolade, da ich ja wusste, dass ich die Kalorien einfach wieder auskotzen konnte. Und das in aller Ruhe, da ich ja alleine war. Ich fühlte mich nach jeden Fressanfall schlecht, fühlte mich dick und fett, mein Bauch drückte, weil ich mich überfressen hatte. Wenn es so war ging ich mich übergeben und fühlte mich wieder frei und rein, mein Magen war leer und ich war schön.
Ich forschte weiterhin, wie man am besten abnehmen konnte auf den Seiten, die mir bisher immer geholfen hatten, bei all meinen Fragen. Ich fühlte mich doch tatsächlich verstanden, und dass bei den Seiten, die ich am Anfang doch so verurteilt hatte. Ich schrieb mir Sprüche auf, die mich motivieren sollten wie "That sick pleasure you get from an empty stomach.", und fing an mir die Art von Bildern runterzuladen, die ich am Anfang so widerlich fand. Doch je knochiger die Frauen auf den Bildern waren, je weniger Fett sie am Leib hatten, desto hübscher waren sie.

Wenn ich mich mit Freunden traf oder meine Familie besuchte, sagte ich denen, dass ich schon gegessen hätte oder kein Hunger habe und wurde in Ruhe gelassen. Mein Magen war leer und ich war abgelenkt, wenn ich unterwegs war. Es fühlte sich gut an, da ich wusste dass die Waage am nächsten Tag weniger anzeigen würde, wie am Vortag. Außerdem war es schön, die Komplimente zu hören, wie gut ich doch aussah, weil ich so viel abgenommen hatte. Ich fühlte mich schöner als vorher, doch es war noch nicht genug.
Inzwischen waren seit meinem Schockmoment auf der Waage und den Fotos meiner Mutter von mir 3 Monate vergangen und ich hatte die 100 Kilo-Marke geknackt. Ich wog nun 99 Kilo, hatte also innerhalb von 3 Monaten fast 20 Kilo abgenommen. Ich fühlte mich gut und bekam gute Rückmeldungen von meinen Freunden und meiner Familie.
"Man schaust du gut aus." und "Wow hast du viel abgenommen!", waren die Sätze, die mir zeigten, dass ich was richtig machen konnte und die mich motivierten mit dem Hungern und Erbrechen weiterzumachen. Wenn jemand fragte, wie ich es geschafft hatte so viel in so kurzer Zeit abzunehmen, sagte ich Sätze wie "Ich habe meine Ernährung umgestellt und achte auf das was ich esse." oder "Gesunde Ernährung und Sport und einfach mal die Schokolade weglassen." und keiner hinterfragte es. Es tat gut als einzige zu wissen, wie man es tatsächlich geschafft hatte. Es sollte keiner wissen, keiner konnte mir reinreden, mir sagen wie ungesund und krank das doch wäre. Das war es ja nicht. Immerhin funktionierte es ja und ich könnte jederzeit damit aufhören. Ich war nicht krank, so wie manche Leute es in den Kommentaren auf meinen Lieblingsseiten schrieben. Es war doch nicht falsch abzunehmen und immerhin wollte ich ja nur ins Normalgewicht rein.
'Ich werde aufhören, wenn ich mein Ziel erreicht habe, denn dann bin ich endlich schön.'

Freitag, 26. September 2014

Recherchen und mein "erstes Mal"

Naja wie auch immer. Ich schaute mir die Seiten an und fand sie wie gesagt abstoßend, doch ich las mir trotzdem alles durch.
Die Diäten, bei denen man nur 500 Kalorien pro Tag zu sich nahm,
die Regeln, was man essen durfte und was verboten war,
die Briefe von "Ana" und ihre "Gebote".
Mir wurde schnell klar, dass diese "Pro Ana"-Seiten die Essstörung personalisierten und sie zu einer Freundin, einem eigenen Lebensziel machten. Sie verherrlichten die Magersucht.
Die Bilder, die auf den Seiten zu sehen sind zeigen knochige, abgemagerte Frauen, die als "Ideale" oder "Perfekte" Frauen angepriesen werden. Normal gewichtige Frauen werden als "fett" und "hässlich" bezeichnet, sie werden dargestellt als unkontrollierte und undisziplinierte Menschen, die das Essen in Übermaßen in sich hineinstopfen.
Nachdem ich mir die Seiten angeschaut hatte war ich mir sicher, dass ich niemals so enden wollte, niemals so abgemagert und ausgezehrt aussehen wollte und vor allem wollte ich niemals die Magersucht oder irgendeine andere Essstörung als Freundin betrachten. 
Und obwohl mich die Seiten und ihre Inhalte teilweise echt wütend machten schaute ich die nächsten Tage immer wieder auf solche Seiten und las mir deren Inhalte durch. Ich schaute mir die Bilder an, die mit jedem Mal weniger knochig und nach einer Weile doch sogar ganz nett aussahen.
Ich stieß auf "Pro Mia"- Seiten (Bulimia Nervosa - Ess-Brech-Sucht), die die Bulimie personalisierten und sie als Freundin betrachteten und las mir Tipps durch, wie man am besten das Essen erbrechen und dadurch abnehmen konnte. Irgendwie widerlich aber doch interessant, wie ich damals fand. Ich schaute mir mehr und mehr Seiten an und vernachlässigte den Sport, das Fahrrad fahren und das Schwimmen und stopfte, während ich recherchierte Schokolade und andere Sachen in mich hinein.
Als ich realisierte wie viel ich gegessen hatte stellte ich mich vor den Spiegel und betrachtete mich.
Mir schossen Gedanken in den Kopf wie "Du bist so fett.", "Du kannst nichts durchhalten."und "Du wirst niemals so aussehen, wie die Leute auf den Bildern, wenn du so weiter frisst.".

Ich bekam ein schlechtes Gewissen und dachte an die Tipps, die ich mir durchgelesen hatte. 
Ich trank ein wenig Mineralwasser, ging ins Bad, schloss die Tür und kniete mich vor die Toilette.
"Du kannst es ja einfach mal ausprobieren, es wird doch sowieso nicht klappen.", dachte ich und schob mir langsam den Finger in den Mund. Ein leichter Brechreiz war schon da, aber er reichte nicht. Ich probierte es ein paar Mal, aber es funktionierte nicht. Ich stand auf und wollte gehen aber ein bisschen übel war mir nun schon und immerhin wollte ich mal wissen, wie es sich anfühlt, nur einmal und dann nicht mehr.
Ich hatte gelesen, dass es mit einer Zahnbürste besser klappen sollte und probierte es so nochmal.
Es hat funktioniert. Es kam alles wieder raus, was ich vorher in mich hineingeschaufelt hatte.

Ein schönes Gefühl war das Übergeben an sich nicht, aber als ich fertig war und mich abermals im Spiegel anschaute, kam ich mir doch irgendwie befreit und etwas schlanker vor.
Ich hatte es jetzt einmal gemacht, es hatte funktioniert, aber weitermachen mit so etwas wollte ich auch nicht.
In den nächsten Tagen dachte ich über das Geschehene nach und fühlte mich doch irgendwie schlecht. Ich aß ein bisschen weniger, damit das Abnehmen schneller klappte, so wie ich es gelesen hatte und die Waage zeigte am Ende der Woche wieder 2 Kilo weniger an.
An dem Tag beschloss ich mir etwas zu gönnen und aß ein Stück Schokolade. Doch eh ich mich versah hatte ich die Tafel aufgegessen und immer noch Hunger. Also schmierte ich mir ein Brot, dann noch eins und noch eins, ich schaufelte Chips in mich hinein und noch eine Tafel Schokolade.
Am Ende saß ich auf meinem Bett und hatte ein schlechtes Gewissen. Ich schaute mich im Spiegel an und fand mich fett. Ich sah aufgedunsen und hässlich aus.

Ich dachte daran, dass ich doch gerne so schlank wäre, wie die Frauen auf den Fotos und ging zur Toilette.
"Einmal kannst du es ja noch machen, danach passt du einfach auf, dass du nicht wieder so viel isst.", dachte ich und steckte mir die Zahnbürste ein weiteres Mal in den Hals.
Es fühlte sich schrecklich an und die Magensäure brannte in der Speiseröhre. 

Als ich fertig war säuberte ich die Toilette, wusch mir Gesicht und Hände und ging in mein Zimmer. Ich schaute im vorbeigehen in den Spiegel und fand dass ich doch gar nicht so hässlich aussah und ein bisschen dünner war ich auch.
In den nächsten Wochen schaute ich mehr und mehr auf diese Seiten, reduzierte mein Essen auf ein Minimum und hatte öfter solche Fressanfälle, wo ich alles in mich hineinschaufelte was wir (ich habe damals in einer WG gewohnt) im Kühlschrank hatten.
Mein schlechtes Gewissen war immer da, wenn ich einen Fressanfall hatte, der Blick in den Spiegel, die Gedanken, wie fett ich doch aussah und die Angst, das was ich abgenommen hatte wieder zuzunehmen. Also übergab ich mich nun immer nach einem Fressanfall und fühlte mich erleichtert und befreit.

Ab der Zeit wog ich mich jeden Tag und führte Buch über mein Gewicht..

Donnerstag, 25. September 2014

Anfängliche Ernährungsumstellung und Recherchen

Nachdem ich mich auf die Waage gestellt hatte, ging es los.
Ich fing an Fahrrad zu fahren und zu Schwimmen und stellte meine Ernährung um.
Vorher hatte ich alles in mich hineingestopft.
Typisches Essen pro Tag war:

- Morgens
  - 6-8 Scheiben Toastbrot mit Margarine und Aufschnitt wie Butterkäse und Wurst
- Zwischendurch
  - Schokolade (1-2 Tafeln) oder
  - 1 Käsebrötchen/ Franzbrötchen
  - etc.

- Mittags
  - 500g Nudeln mit Tomatensoße
  - Schokopudding

- Zwischendurch
  - 2 Energydrinks

- Abends
  - 2-3 Brötchen mit Margarine und Aufschnitt oder
  - 4 Burger mit Pommes und Cola

- Zwischendurch
  - Vielleicht noch Knabberkram wie 1 Tüte Chips und/oder
  - 1-3 Tafeln Schokolade

Ungefähr so, mal mehr oder weniger sah mein Essensplan aus. Es war kein Wunder, dass ich auf 118 Kilo gelandet war.
So geschockt wie ich war, versuchte ich meine Ernährung umzustellen, was garnicht so leicht war wie gedacht. Mein neuer Plan sah wie folgt aus:

- Morgens:
  - 1 1/2 Scheiben Schwarzbrot mit Quark
  - 1 hartgekochtes Ei 
  - 1 Glas Milch

- Zwischendurch 
  - 1 Apfel

- Mittags:
  - 100g Reis
  - 100g Fisch
  - Salat

- Zwischendurch
  - 1 Paprika (in Streifen geschnitten)

- Abends 
  - 1 Scheibe Schwarzbrot mit Quark

Zudem bin ich jeden 2. Tag ungefähr 15 min Fahrrad gefahren und bin jede Woche 2 Mal für 2 Stunden Schwimmen gewesen.
Dieser Plan funktionierte die ersten 4 Wochen sehr gut und ich nahm 9 Kilo bis dahin durch die Ernährungsumstellung und den Sport ab. Eigentlich der beste und gesunde Weg zum Erfolg.
Ich rief meine Krankenkasse an um mich darüber zu informieren, ob sie die Kosten einer Bauchdeckenstraffung übernehmen würden, wenn ich mein Zielgewicht von 75 Kilo erreicht hätte und mir wurde gesagt, dass mein BMI (Body-Mass-Index) im Normalbereich liegen müsste um die Kosten erstattet zu bekommen. Davon war ich allerdings noch weit entfernt. (Am Anfang hatte ich einen BMI von über 40, was massive Adipositas bedeutete. Ich musste aber in einen Bereich von unter 24 kommen um als "Normalgewichtig" zu gelten. Wäre bei meiner Größe von 1,70m ein Gewicht von etwa 69 Kilo.)
Ich wollte mein Ziel schnell erreichen und forschte deswegen im Internet nach, wie man schnell viel Gewicht verlieren könne.
Bei meiner Suche stieß ich auf verschiedene Arten von Abnehmseiten:
- Die, bei denen man sich anmelden und monatlich einen Festpreis zahlen müsste, um einen auf sich zugeschnittenen Ernährungsplan zu bekommen.
- Die Seiten der Zeitschriften, die mir versprachen bis zu 5 Kilo in 5 Tagen durch eine "Kohlsuppendiät" oder andere komische Diäten zu verlieren. (Was sich zugegeben echt gut anhörte aber mich doch irgendwie nicht ganz überzeugen konnte)
- Viele Foren, wo andere Männer oder Frauen verzweifelt eine Antwort suchten wie sie schnell viel abnehmen könnten.
Ich saß verzweifelt vor dem Rechner und wollte doch nur eine Antwort haben, als ich auf noch eine Art von Abnehm-Seiten stieß.
Es war eine Art von Seite, die schon beim Anblick ein komisches und mulmiges Gefühl in mir auslöste. Sie war abstoßend und ich wollte sie mir eigentlich nicht weiter angucken, aber irgendwie weckte sie mein Interesse.
Es war eine Seite der Bewegung "Pro Ana"..

Dienstag, 23. September 2014

Etwas über mich

 Zum Anfang etwas zu mir.

Ich in 21 Jahre alt und wohne in Hamburg.
Seit der Grundschule litt ich an meinem Übergewicht.
Ich wollte dazugehören, wurde gemobbt und habe meine Probleme in mich hinein gefressen - wortwörtlich.
Ich war in zwei verschiedenen Kliniken wegen Adipositas, aber beim langfristigen Abnehmen hat es mir nicht geholfen.
Ich hatte eine ziemlich turbulente Kindheit, hatte Probleme in meinem Elternhaus, habe seit meinem 14. Lebensjahr mit dem Jugendamt zu tun gehabt und wohne seit ich 15 bin nicht mehr zuhause.
Seitdem habe ich in einem Kinderheim, in einer Jugendwohnung und bei Freunden gewohnt. Zurzeit wohne ich mit meinem Freund und seiner Familie zusammen.
Aufgrund von psychischen Problemen, die mit meiner Vergangenheit zusammenhängen konnte ich meine Schule nicht so beenden, wie ich es gerne getan hätte, aber das ist eine andere Sache.
Meine Familienverhältnisse sind sehr chaotisch, aber darüber später..
Letztes Jahr im Juni war ich bei meinen Eltern zu Besuch im Kleingartenverein und meine Mutter hat mich mit ihrem Handy fotografiert. Da fing alles an.
Bis dahin hatte ich mich im Spiegel immer ziemlich gutaussehend und relativ dünn gesehen, was die Bilder mir aber nicht bestätigten.. Ich hatte mich schon immer gewundert, warum ich auf selbstgemachten Fotos hübscher ausgesehen habe, als auf Fotos, die andere von mir machten. Auf jeden Fall haben mich die Fotos geschockt, die meine Mutter im Juni 2013 von mir gemacht hat, weswegen ich mich am nächsten Tag, nach Jahren mal wieder auf die Waage stellte. Bis dahin war ich überzeugt davon nicht mehr als 99 Kilo zu wiegen, aber falsch gedacht. Die Waage zeigte mir an, dass ich 118,6 Kilo wog. Ein Schock, der den Stein ins Rollen brachte....

Ich war auf einmal nicht mehr glücklich..