Durch einen Streit zog ich aus der WG aus und kam bei einem Freund unter. Dadurch dass ich nun alleine wohnte, weil mein Kumpel unter der Woche weg war, konnte ich mich nun komplett auf mein Essen und mein Abnehmen konzentrieren. Ich war alleine und keiner würde irgendetwas mitkriegen. Ich konnte meine Taktik noch besser verstecken als vorher, dadurch dass keiner da war.
Ich stellte mich jeden Tag auf die Waage und aß am Tag nur das nötigste, heißt eine Scheibe Brot oder eine Suppe, damit die Waage am nächsten Tag am besten ein paar hundert Gramm weniger anzeigte. Ich war überglücklich, sobald ich leichter war. Ich fühlte mich von Tag zu Tag schöner, leichter, begehrenswerter. Dadurch dass ich meine Abnehm-Erfolge regelmäßig bei Facebook postete, schrieben auch mehr Jungs mit mir und ich bekam Komplimente.
Auch mein Spiegel war in der Zeit zu meinem besten Freund geworden. Immerhin zeigte er mir jeden Tag eine dünnere und hübschere Version meiner Selbst.
Wenn ich mal richtig Hunger bekam, schob ich mir eine Pizza in den Ofen und aß Tafel für Tafel Schokolade, da ich ja wusste, dass ich die Kalorien einfach wieder auskotzen konnte. Und das in aller Ruhe, da ich ja alleine war. Ich fühlte mich nach jeden Fressanfall schlecht, fühlte mich dick und fett, mein Bauch drückte, weil ich mich überfressen hatte. Wenn es so war ging ich mich übergeben und fühlte mich wieder frei und rein, mein Magen war leer und ich war schön.
Ich forschte weiterhin, wie man am besten abnehmen konnte auf den Seiten, die mir bisher immer geholfen hatten, bei all meinen Fragen. Ich fühlte mich doch tatsächlich verstanden, und dass bei den Seiten, die ich am Anfang doch so verurteilt hatte. Ich schrieb mir Sprüche auf, die mich motivieren sollten wie "That sick pleasure you get from an empty stomach.", und fing an mir die Art von Bildern runterzuladen, die ich am Anfang so widerlich fand. Doch je knochiger die Frauen auf den Bildern waren, je weniger Fett sie am Leib hatten, desto hübscher waren sie.
Wenn ich mich mit Freunden traf oder meine Familie besuchte, sagte ich denen, dass ich schon gegessen hätte oder kein Hunger habe und wurde in Ruhe gelassen. Mein Magen war leer und ich war abgelenkt, wenn ich unterwegs war. Es fühlte sich gut an, da ich wusste dass die Waage am nächsten Tag weniger anzeigen würde, wie am Vortag. Außerdem war es schön, die Komplimente zu hören, wie gut ich doch aussah, weil ich so viel abgenommen hatte. Ich fühlte mich schöner als vorher, doch es war noch nicht genug.
Inzwischen waren seit meinem Schockmoment auf der Waage und den Fotos meiner Mutter von mir 3 Monate vergangen und ich hatte die 100 Kilo-Marke geknackt. Ich wog nun 99 Kilo, hatte also innerhalb von 3 Monaten fast 20 Kilo abgenommen. Ich fühlte mich gut und bekam gute Rückmeldungen von meinen Freunden und meiner Familie.
"Man schaust du gut aus." und "Wow hast du viel abgenommen!", waren die Sätze, die mir zeigten, dass ich was richtig machen konnte und die mich motivierten mit dem Hungern und Erbrechen weiterzumachen. Wenn jemand fragte, wie ich es geschafft hatte so viel in so kurzer Zeit abzunehmen, sagte ich Sätze wie "Ich habe meine Ernährung umgestellt und achte auf das was ich esse." oder "Gesunde Ernährung und Sport und einfach mal die Schokolade weglassen." und keiner hinterfragte es. Es tat gut als einzige zu wissen, wie man es tatsächlich geschafft hatte. Es sollte keiner wissen, keiner konnte mir reinreden, mir sagen wie ungesund und krank das doch wäre. Das war es ja nicht. Immerhin funktionierte es ja und ich könnte jederzeit damit aufhören. Ich war nicht krank, so wie manche Leute es in den Kommentaren auf meinen Lieblingsseiten schrieben. Es war doch nicht falsch abzunehmen und immerhin wollte ich ja nur ins Normalgewicht rein.
'Ich werde aufhören, wenn ich mein Ziel erreicht habe, denn dann bin ich endlich schön.'
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