Sonntag, 28. September 2014

Geplante Fressanfälle

Ich hatte die ungefähre Kalorienmenge und die Nährwertangaben meiner favorisierten Lebensmittel schon im Kopf gespeichert. Für neue Lebensmittel, oder für die wo ich mir nicht ganz sicher war, hatte ich mir schon eine App runtergeladen, damit ich auch immer nachschauen konnte was wie viele Kalorien, was wie viel Fett, Eiweiß oder Kohlenhydrate hatte. Ich versuchte am Tag so wenig zu essen, dass ich es mit meinem Gewissen vereinbaren und somit drin behalten konnte, teilweise habe ich gar nichts gegessen, einfach um mich nicht schlecht zu fühlen. Außerdem war es schon langsam wie eine Sucht geworden meinen Magen so leer wie möglich zu halten, einfach weil es sich rein und sauber anfühlte. Je weniger ich gegessen hatte, je leerer mein Magen war, desto besser fühlte ich mich.
Wenn ich einkaufen ging, las ich mir die Nährwertangaben der Lebensmittel vor Ort doch noch mal durch, damit ich mich auch ja nicht irrte und entschied dann, ob ich es kaufe oder es lasse.

Ich fing an meine Fressanfälle zu planen, damit ich nur noch 1-2 Mal die Woche erbrechen musste. Immerhin funktionierte das mit dem Erbrechen ja nicht mehr so gut, wie am Anfang. Vielleicht würde das Reduzieren ja dabei helfen, dass es wieder besser ging und ich nicht mehr so lange fürs Erbrechen brauchte.

Für diese Fressanfälle kaufte ich extra alles ein, was ich mir die anderen Tage der Woche selbst verboten hatte:
Nachkram, wie Schokolade, Weingummi, Kekse;
Salzige Sachen, wie Chips, Salzstangen, Knabberkram;
Und auch so einfache Sachen wie Brot, Reis, Nudeln, Wurst und Käse holte ich in Massen für diese, für mich wundervollen Stunden.
Zuhause angekommen fing ich an mir Nudeln zu kochen, aß währenddessen mehrere Scheiben Brot mit Käse und Wurst. Schnell hintereinander weg, ohne viel zu kauen. Einfach nur reinstopfen, damit man mit den anderen Sachen weitermachen konnte.
Ich aß die Nudeln, oder schlang sie eher in mich hinein. Ich öffnete die Chipstüte und schaufelte einen Chip nach dem anderen in meinen Mund, der mir manchmal wie ein schwarzes Loch vorkam.
Zwischendurch trank ich Mineralwasser zum verdünnen, damit beim Erbrechen alles besser flutschte. Als letztes stopfte ich mir noch ein paar Tafeln Schokolade rein ohne sie wirklich zu schmecken.
Ab und zu hatte ich dann immer noch Hunger und ich ging an den gemeinsamen Kühlschrank der WG und stopfte die ungesunden Sachen meiner Mitbewohner auch noch in mich hinein. Teilweise hielt ich mir eine Dose Sprühsahne an den Mund und sprühte mir die Sahne direkt in den Hals hinein, um auch noch den letzten Platz in meinem Magen zu füllen.
Im Sitzen war das alles noch ziemlich gut auszuhalten, doch sobald ich aufstand drückte mein Magen wie verrückt, mein Bauch wölbte sich nicht nur, es war ein regelrechter Schwangerschaftsbauch, den ich mir da in der kurzen Zeit angefressen hatte. Ich stellte mich vor den Spiegel und bewunderte den riesigen Bauch und war erstaunt darüber, wie viel Essen doch in mich hinein passte.
'Gleich habe ich wieder einen flacheren Bauch, mein Magen ist gleich wieder leer und ich werde weiter abnehmen.', sagte ich mir und ging stolz zu meinen Mitbewohnern, meinem Freund und meinem besten Freund und zeigte ihnen meinen Bauch mit den Worten: "Schaut mal wie schnell ich schwanger geworden bin!"
Ich witzelte mit ihnen noch ein wenig rum und sagte ihnen dann dass ich nun ins Bad gehen und kotzen würde. Sie nickten und ich trat meinen Gang ins Bad an.

Solche Fressanfälle dauerten bei mir höchstens eine Stunde. Dann ging ich mich übergeben und ich redete mir ein sicher sein zu können, dass ich am nächsten Tag nicht zugenommen haben würde.

Am nächsten Tag zeigte die Waage meistens 100g-500g mehr an, was mich verzweifeln ließ.
Ich fühlte mich betrogen, war wütend auf mich selbst wegen dem Fressanfall am Tag zuvor und schämte mich. 
Der Spiegel zeigte mir an solchen Tagen ein verzerrtes Bild meiner Selbst. Er zeigte mir meine Problemzonen, kleine Polster, die noch weg mussten. Ich fand mich widerlich. Ich wollte aussehen wie die Frauen auf den Bildern. Die Rippen sollte man zählen können, die Wirbelsäule musste zu sehen sein, die Beckenknochen sollten herrausstechen.

Ich war jedoch noch so weit davon entfernt..

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen